Von Karsten Gröger.
Bewertungen im Internet spielen bei der Kundenakquise eine immer größere Rolle. Negative Bewertungen können erhebliche Wettbewerbsnachteile und in der Folge sogar finanzielle Verluste nach sich ziehen. Werden derartige schlechte Bewertungen zu Unrecht abgegeben, muss sich dies das betroffene Unternehmen nicht gefallen lassen. Das Landgericht Lübeck hat kürzlich Google verurteilt, eine kommentarlose negative Bewertung eines angeblichen Kunden einer Kieferorthopädie-Praxis zu löschen. Dem Suchmaschinenbetreiber ist der Beweis nicht gelungen, dass der Verfasser der 1-Sterne-Bewertung tatsächlich Patient der Praxis gewesen ist.
1-Sterne-Bewertung nicht von echtem Patienten
Die Praxis hatte bei dem Suchmaschinenbetreiber erfolglos versucht, die ungerechtfertigte Bewertung zu löschen. Google war der Meinung, dass es sich hierbei um eine geschützte Meinungsäußerung handle und die Bewertung daher nicht gelöscht werden müsse. Die unter anderem bei Google Maps angezeigte Bewertung wurde ohne jegliche inhaltliche Stellungnahme abgegeben und noch dazu mit dem Namen des geschädigten Praxisinhabers versehen. Da der Kieferorthopäde keinen Patienten mit identischen Namen behandelte, ging er davon aus, dass es sich bei dem Bewertenden um keinen echten Patienten handeln kann. Neben der Geschäftsschädigung durch die 1-Sterne-Bewertung sah er auch seine Persönlichkeitsrechte verletzt.
1-Sterne-Bewertung verletzt das Persönlichkeitsrecht
Mit Urteil des Landgerichts Lübeck vom 16.06.2018, Az.: I O 59/17, hat der Geschädigte recht bekommen. In einem solchen Fall hafte Google als mittelbare Störerin auf Unterlassung. Die unberechtigte Bewertung muss damit gelöscht werden. Außerdem wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft angedroht. Das Landgericht Lübeck sieht in der 1-Sterne-Bewertung eine Meinungsäußerung. Jedoch ergebe die Interessensabwägung zwischen Meinungsfreiheit des Verfassers und des Persönlichkeitsrechts des Kieferorthopäden, dass die Meinungsäußerung unzulässig war und die Meinungsfreiheit deshalb hinter das Persönlichkeitsrecht zurückzutreten habe.
Die Sternevergabe ist als wertende Meinungsäußerung zu sehen. Ist sie nicht faktisch belegt, kann dies eine Persönlichkeitsverletzung begründen. Wird die Bewertung nicht mit einer tatsächlichen Begründung abgegeben, wiegt in aller Regel das Persönlichkeitsrecht schwerer. Wenn dazu noch der Name des Geschädigten selbst benutzt wird, sei davon auszugehen, dass es sich bei der Bewertung um eine bewusste Schädigung handele.
1-Sterne-Bewertungen sind Einzelfallentscheidungen
Das Urteil vom LG Lübeck ist als Einzelfallentscheidung zu sehen. Jeder Fall bedarf grundsätzlich einer separaten Prüfung und Abwägung. Dies zeigen beispielsweise zwei andere Urteil in vergleichbaren Fällen. So entschied das Landgericht Augsburg mit Urteil vom 17.08.2017, Az.: 022 O 560/17, das Google die dort streitgegenständliche Bewertung nicht löschen muss. Das Landgericht Hamburg hat hingegen mit Urteil vom 12.01.2018, Az.: 324 O 63/17, in einer 1-Sterne-Bewertung ebenfalls eine Persönlichkeitsrechtsverletzung gesehen und Google zur Unterlassung verurteilt.
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