Abtreibung: Ein Plädoyer für § 218 StGB

“Das sich im Mutterleib entwickelnde Leben steht als selbständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 1 Abs. 1 GG).  Die Schutzpflicht des Staates verbietet nicht nur unmittelbare staatliche Eingriffe in das sich entwickelnde Leben, sondern gebietet dem Staat auch, sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen. Die Verpflichtung des Staates, das sich entwickelnde Leben in Schutz zu nehmen, besteht auch gegenüber der Mutter. Der Lebensschutz der Leibesfrucht genießt grundsätzlich für die gesamte Dauer der Schwangerschaft Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren und darf nicht für eine bestimmte Frist in Frage gestellt werden. […] Im äußersten Falle, wenn der von der Verfassung gebotene Schutz auf keine andere Weise erreicht werden kann, ist der Gesetzgeber verpflichtet, zur Sicherung des sich entwickelnden Lebens das Mittel des Strafrechts einzusetzen.” Diese Leitsätze des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung “Schwangerschaftsabbruch I” aus dem Jahre 1975 (BverfGE 39, 1) zur Strafbarkeit der Abtreibung sind heute so aktuell – und so richtig – wie damals. Ein juristisches Plädoyer für § 218 StGB.

Für und Wider Abtreibung – eine nicht endende Diskussion

Die Debatte über das Verbot der Abtreibung war gerade erst Hauptthema im amerikanischen Wahlkampf und berührt auch in Deutschland tiefgreifende rechtliche, ethische und gesellschaftliche Fragen. Im Kern steht der Konflikt zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau. Letzteres muss aber in der Endkonsequenz hinter den Lebensschutz unseres Grundgesetzes zurücktreten – nicht nur aus verfassungsrechtlichen, sondern auch aus moralischen und sozialen Gründen heraus.

Schutz des ungeborenen Lebens als unveräußerliches Rechtsgut

Das Recht auf Leben ist eines der fundamentalsten Menschenrechte.

In der Präambel des Grundgesetzes heißt es:

“Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen […].”

Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG stellt sodann – eindrucksvoll wie kurz – dar:

“Jeder hat das Recht auf Leben […].”

Dieses Lebensrecht steht “jedermann” – also jedem menschlichen Wesen – zu und verpflichtet den Staat grundsätzlich nicht nur, selbst das Lebensrecht zu achten (also kein menschliches Leben durch hoheitliche Maßnahmen zu beenden), sondern proaktiv durch gesetzgeberische Mittel dafür Sorge zu tragen, dass menschliches Leben als sich selbst genügsamer Wert geschützt wird. Die Menschenwürdegerantie des Art. 1 Abs. 1 GG wäre ohne das Lebensrecht nicht darstellbar und sinnentleert.

Während die Rechtsfähigkeit des Menschen im privatrechtlichen Sinne mit der Vollendung der Geburt beginnt (§ 1 BGB), legt der strafrechtliche Begriff des Menschen nahe, dass ein Mensch mit dem Eintreten der Eröffnungswehen zu existieren beginnt. Wer also einen Menschen nach dem Einsetzen des Geburtsvorgangs tötet, begeht Totschlag (§ 212 StGB) und keinen Schwangerschaftsabbruch.

Der verfassungsrechtliche Begriff menschlichen Leben geht indes weiter und setzt bereits mit der Empfängnis an. Ein ungeborenes Kind, also die Leibesfrucht, besitzt von Anfang an die Potenziale menschlichen Lebens und ist deshalb als schutzwürdiges Wesen und als eigenständiges Rechtsgut anzusehen. Der Schutz dieses Lebens genießt grundsätzlichen Vorrang vor anderen Rechten, da diese ohne das Recht auf Leben letztlich sinnlos und vergeblich wären.

Staatliche Schutzpflicht für die Schwächsten

Der Staat hat die Aufgabe, diejenigen zu schützen, die sich selbst nicht verteidigen, bzw. selbst für ihre eigene Sicherheit und für ihr eigenes grundlegendes Wohlergehen nicht Sorge tragen können. Das ungeborene Kind ist in einer völlig abhängigen und verletzlichen Position. Ein Abtreibungsverbot ist daher eine notwendige Maßnahme, um die Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Leben in seiner frühesten Phase zu erfüllen.

Grenzen des Selbstbestimmungsrechts

Das Recht auf (körperliche) Selbstbestimmung als Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (in diesem Fall der Mutter, bzw. Schwangeren) ist zwar seinerseits von Verfassungsrang (Art. 2 Abs. 1 GG) findet seine Grenzen jedoch in den Rechten anderer, bzw. der verfassungsmäßigen Ordnung. Nach der hier vertretenen Auffassung kann das Selbstbestimmungsrecht der Frau das Lebensrecht eines anderen Menschen – des ungeborenen Kindes – nicht aufheben. In Fällen, in denen diese Rechte miteinander kollidieren, muss dem Lebensrecht des Kindes grundsätzlich Vorrang eingeräumt werden, da es das fundamentalere der beiden Rechtsgüter darstellt.

Prävention gesellschaftlicher Werteerosion

Im Rahmen der Debtatte über das Verbot der Abtreibung ist die Vermeidung einer schleichenden Erosion von grundlegenden gesellschaftlichen Werten, die das menschliche Leben schützen, ein weiteres, nicht zu vernachlässigendes Argument. Die Legalisierung von Abtreibungen führt in letzter Konsequenz zu einer Entwertung des Lebensrechts selbst. Eine westliche, wertebeasierte Gesellschaft aber, die den Schutz des Lebens nicht konsequent durchsetzt, riskiert, ihre grundlegenden ethischen Standards zu verwässern.

Schutz der Frau

Ein häufig übersehenes Argument betrifft den Schutz der Frauen vor den körperlichen und seelischen Folgen von Abtreibungen. Befürworter eines Verbots führen an, dass viele Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch unter psychischen Belastungen oder gesundheitlichen Risiken leiden. Ein Abtreibungsverbot kannFrauen vor diesem Schaden bewahren und gleichzeitig Alternativen fördern, die das Leben des Kindes respektieren.

Fazit

Meine Argumente für ein Abtreibungsverbot basieren auf der Überzeugung, dass das Recht auf Leben grundsätzlich absoluten Vorrang genießt. Der Schutz des ungeborenen Kindes ist die Kernaufgabe des Staates, der die Schwächsten in der Gesellschaft verteidigen und grundlegende ethische Werte bewahrt werden. Diese Position vertritt, dass das Lebensrecht des Kindes schwerer wiegt als andere Interessen und dass die Gesellschaft gefordert ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Frauen und Kinder gleichermaßen schützen.

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