Das neue Personengesellschaftsrecht

Am 01.01.2024 tritt mit dem Personen­gesellschafts­rechtsmodernisierungs­gesetz (MoPeG) das neue und vollständig überarbeitete Recht der Personengesellschaften in Kraft. Verabschiedet und im Bundesgesetzblatt verkündet worden war das neue Personengesellschaftsrecht bereits Mitte 2021. Unternehmer sollten in der Zwischenzeit ggf. Gesellschaftsverträge anpassen und sich auf die Neuregelungen einstellen können. Die Reform ist die größte, die das in Teilen mehr als 100 Jahre alte Rechtsgebiet jemals erfahren hat. Kaum ein Rechtsgebiet in Deutschland hatte sich mehr vom ursprünglichen Gesetzesworlaut fortbewegt – bedingt durch an Praktikabilitätsgründen orientierter Rechtsprechung. Der Gesetzgeber gießt die wesentlichen Entwicklungen dieser Rechtsprechung nunmehr in Gesetzesform. Über die wichtigsten Neuerungen informiert Sie dieser Artikel.

Das neue Personengesellschaftsrecht im Überblick

Einige wichtige Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bezüglich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wurden vollständig neu gestaltet und sind nun in den §§ 705 BGB n.F. verankert. Eine wesentliche Änderung besteht darin, dass die Rechtsfähigkeit der GbR nun gesetzlich anerkannt ist. Dies war bereits zuvor durch höchstrichterliche Rechtsprechung anerkannt.

Die Änderungen im BGB haben auch Auswirkungen auf das Recht der Personenhandelsgesellschaften, insbesondere auf die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG). Das Recht der OHG wurde umfassend neu formuliert, während die Änderungen im Recht der KG eher geringfügiger Natur sind und sich auf Anpassungen an das neue Recht der GbR und der OHG beschränken.

Gesetzliche Fortsetzungsklausel

Nach der bisherigen Rechtslage galt die Gesellschaft als aufgelöst, wenn ein Mitgesellschafter sie verlässt, es sei denn, die Gesellschaft hatte in ihrem Gesellschaftsvertrag eine s.g. Fortsetzungsklausel beschlossen.

Dies ändert sich nun: § 712 BGB n.F. bestimmt, dass im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird.

Rechtsfähigkeit der Gesellschaft

Eine wesentliche Änderung, die das neue Personengesellschaftsrecht mit sich bringt, ist die gesetzlich normierte Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR gemäß § 705 BGB. Dies bedeutet, dass die GbR als solche nunmehr “selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll” (§ 705 Abs. 2 BGB). Damit wird die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2001 (sog. “Weißes Ross”-Entscheidung) gesetzlich kodifiziert und eine Definition der “rechtsfähigen Gesellschaft” geschaffen, auf die in anderen Rechtsbereichen umfassend verwiesen wird.

Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit hat zur Folge, dass die GbR als eigenständige juristische Person Vermögen bilden kann (§ 713 BGB) und es sich nicht mehr lediglich um “gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter” handelt (sog. Gesamthandsvermögen, bisher § 718 BGB). Die persönliche, gesamtschuldnerische und unbeschränkte Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bleibt jedoch wirtschaftlich unverändert (vgl. § 721 BGB). Das Haftungskonzept wurde jedoch im Hinblick auf die Anerkennung der Rechtsfähigkeit in Einzelheiten modifiziert und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie das Recht der Offenen Handelsgesellschaft angepasst.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Rechtsfähigkeit der GbR nicht zwingend ist. Die Gesellschafter haben vielmehr die Möglichkeit, die GbR als “nicht rechtsfähige Gesellschaft” zur Ausgestaltung ihrer internen Rechtsverhältnisse zu errichten (§ 705 Abs. 2 BGB). Eine solche Innengesellschaft, die nicht am Rechtsverkehr teilnimmt, wird vermutlich nur geringe praktische Bedeutung haben und wurde daher auch nicht umfassend gesetzlich geregelt.

Eintragung und Umwandlung der GbR

In Zukunft haben rechtsfähige GbRs die Möglichkeit, sich in ein neues Gesellschaftsregister einzutragen, das ähnlich wie das Handelsregister gestaltet ist und ähnlichen Schutz wie Eintragungen im Handelsregister bietet, zum Beispiel in Bezug auf den Gesellschafterbestand und die Vertretung der Gesellschaft durch ihre Gesellschafter (§ 707a Abs. 3 BGB n.F.). Eingetragene GbRs führen dann den Zusatz “eGbR” in ihrem Namen (= eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts).

Obwohl es keine unmittelbare Eintragungspflicht gibt, bringt eine Eintragung im Rechtsverkehr Vorteile mit sich, da Vertragspartner auf die eingetragene Vertretungsregelung vertrauen können und auf Garantien bezüglich des Gesellschafterbestands und der Vertretung verzichten können. Im Grundstücksverkehr ist die Eintragung der GbR jedoch obligatorisch, da nur die im Gesellschaftsregister eingetragene GbR als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden kann (vgl. § 47 Abs. 2 GBO n.F.). Im Grundbuch wird nur die eGbR als Eigentümerin ausgewiesen und auf das Gesellschaftsregister verwiesen, um Informationen über die Gesellschafter zu erhalten. Änderungen im Gesellschafterbestand werden zentral im Gesellschaftsregister eingetragen und müssen nicht in den einzelnen Grundbüchern angepasst werden. Ähnliche Regelungen gelten auch für andere öffentliche Register.

Zweckentsprechend wird die eGbR auch umwandlungsfähig im Sinne des Umwandlungsrechts sein. Eine relativ simple Variante einer solchen Umwandlung stellt künftig der s.g. Statuswechsel dar, wonach die eGbR auf Antrag bspw. als OHG “umzutragen” ist, sofern sie die Anforderungen an ein Handelsgewerbe erfüllt.

Beteiligungen im Personengesellschaftsrecht der GbR

Durch die Reform wird das Personengesellschaftsrecht dem Kapitalgesellschaftsrecht in auch Bezug auf die Beteiligungsverhältnisse ähnlicher. Statt wie bisher nach Köpfen orientieren sich die Beteiligungsverhältnisse zukünftig an den Beiträgen der Gesellschafter, die auch Dienstleistungen einschließen können. Wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes festgelegt ist, bleiben alle Gesellschafter zu gleichen Beiträgen verpflichtet (§ 709 Abs. 1 BGB n.F.).

Jeder Gesellschafter hält weiterhin nur eine einheitliche Beteiligung an der Gesellschaft. Es gibt jedoch neue Regelungen zum Ein- und Austritt sowie zur Übertragbarkeit, die dieses Konzept im Personengesellschaftsrecht ergänzen und sprachlich präzisieren.

Viele Gründe, die bisher zur Auflösung der Gesellschaft geführt haben, führen zukünftig nur zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters (z.B. Tod oder Insolvenz eines Gesellschafters, vgl. § 723 BGB n.F.). Diese gesetzlichen Regelungen entsprechen der Praxis in der Vertragsgestaltung (siehe Fortsetzungsklausel). Zusätzlich gibt es Regelungen zur Nachhaftung der ausscheidenden Gesellschafter.

Einheitsgesellschaft wird kodifiziert

Bisher wurde in der Praxis eine Form der Gesellschaftsstruktur namens “Einheitsgesellschaft” anerkannt, bei der die Kommanditgesellschaft der alleinige Gesellschafter ihres Komplementärs (persönlich haftender Gesellschafter) ist. Nun wird diese Struktur auch gesetzlich anerkannt. Gemäß § 170 Abs. 2 HGB n.F. werden die Gesellschafterrechte, die der KG zustehen, von den Kommanditisten in der Gesellschafterversammlung der Komplementärgesellschaft wahrgenommen. Diese Regelung spiegelt die bereits in der Praxis etablierte Struktur wider, die jedoch im Widerspruch zum normativen Konzept des HGB stand.

Personengesellschaftsrecht: OHG und KG bei Freiberuflern

Bislang konnten Angehörige freier Berufe nicht, bzw. nicht ohne weiteres auf die Rechtsformen der Offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft oder der GmbH & Co. KG zurückgreifen, da Freiberufler kein Gewerbe ausüben. Mit der Reform ändert sich dies, jedoch bleibt der Vorbehalt des Berufsrechts gemäß § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. bestehen. Ob diese Rechtsformen im Rahmen des Berufsrechts – etwa bei Rechtsanwälten – zulässig sein werden, ist noch unklar. Falls sie jedoch erlaubt werden, bietet bspw. die Freiberufler GmbH & Co. KG im Vergleich zur Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) eine weitreichendere Haftungsbegrenzung für ihre freiberuflichen Mitglieder.

Die wichtigsten neuen Rechtsvorschriften im Personengesellschaftsrecht

§ 705 BGB – Rechtsnatur der Gesellschaft

(1) Die Gesellschaft wird durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags errichtet, in dem sich die Gesellschafter verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern.

(2) Die Gesellschaft kann entweder selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (rechtsfähige Gesellschaft), oder sie kann den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dienen (nicht rechtsfähige Gesellschaft).

(3) Ist der Gegenstand der Gesellschaft der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen, so wird vermutet, dass die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt.

§ 707 BGB – Anmeldung zum Gesellschaftsregister

(1) Die Gesellschafter können die Gesellschaft bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anmelden.

§ 711 BGB – Übertragung und Übergang von Gesellschaftsanteilen

(2) Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass im Fall des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit seinem Erben fortgesetzt werden soll, geht der Anteil auf den Erben über. Sind mehrere Erben vorhanden, fällt der Gesellschaftsanteil kraft Gesetzes jedem Erben entsprechend der Erbquote zu. Die Vorschriften über die Erbengemeinschaft finden insoweit keine Anwendung.

§ 712 – Ausscheiden eines Gesellschafters; Eintritt eines neuen Gesellschafters

(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil an der Gesellschaft den übrigen Gesellschaftern im Zweifel im Verhältnis ihrer Anteile zu.

§ 715b – Gesellschafterklage

(1) Jeder Gesellschafter ist befugt, einen auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Anspruch der Gesellschaft gegen einen anderen Gesellschafter im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, wenn der dazu berufene geschäftsführungsbefugte Gesellschafter dies pflichtwidrig unterlässt. Die Befugnis nach Satz 1 erstreckt sich auch auf einen Anspruch der Gesellschaft gegen einen Dritten, wenn dieser an dem pflichtwidrigen Unterlassen mitwirkte oder es kannte.

(2) Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, welche das Klagerecht ausschließt oder dieser Vorschrift zuwider beschränkt, ist unwirksam.

(3) Der klagende Gesellschafter hat die Gesellschaft unverzüglich über die Erhebung der Klage und die Lage des Rechtsstreits zu unterrichten. Ferner hat er das Gericht über die erfolgte Unterrichtung in Kenntnis zu setzen. Das Gericht hat auf eine unverzügliche Unterrichtung der Gesellschaft hinzuwirken.

(4) Soweit über den Anspruch durch rechtskräftiges Urteil entschieden worden ist, wirkt die Entscheidung für und gegen die Gesellschaft.

§ 719 – Entstehen der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten

(1) Im Verhältnis zu Dritten entsteht die Gesellschaft, sobald sie mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt, spätestens aber mit ihrer Eintragung im Gesellschaftsregister.

(2) Eine Vereinbarung, dass die Gesellschaft erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll, ist Dritten gegenüber unwirksam.

§ 721 – Persönliche Haftung der Gesellschafter

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

§ 724 – Fortsetzung mit dem Erben; Ausscheiden des Erben

(1) Geht der Anteil eines verstorbenen Gesellschafters auf seine Erben über und erfüllt die Gesellschaft die Voraussetzungen nach § 107 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs, um in das Handelsregister eingetragen zu werden, so kann jeder Erbe gegenüber den anderen Gesellschaftern antragen, dass ihm die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt und der auf ihn entfallende Anteil des Erblassers als seine Kommanditeinlage anerkannt wird.

§ 725 – Kündigung der Mitgliedschaft durch den Gesellschafter

(1) Ist das Gesellschaftsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann ein Gesellschafter seine Mitgliedschaft unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Kalenderjahres gegenüber der Gesellschaft kündigen, es sei denn, aus dem Gesellschaftsvertrag oder aus dem Zweck der Gesellschaft ergibt sich etwas anderes.


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