Die Online-Streitbeilegungsplattform der Europäischen Union (OS-Plattform) ist bald Geschichte. Sie wurde 2016 von der EU-Kommission eingeführt und sollte eine unkomplizierte Möglichkeit bieten, Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern im Onlinehandel zu klären. Ziel war es, eine Alternative zu gerichtlichen Verfahren zu schaffen, die schneller und kostengünstiger sein sollte. Händler waren verpflichtet, auf ihren Webseiten und Shops deutlich sichtbar auf die Plattform hinzuweisen und zu verlinken. Was gut gemeint war, wurde nicht nur nicht genutzt, sondern entpuppte sich als Abmahnfalle für Händler. Jetzt zieht die EU die Konsequenzen. Was Onlinehändler nun beachten müssen, lesen Sie hier.
OS-Plattform: Das Wichtigste in Kürze
Ab dem 20. März 2025 wird die EU-Kommission den Betrieb der sogenannten OS-Plattform einstellen. Diese Plattform, offiziell die „Online-Streitbeilegungs-Plattform“ (ODR-Plattform; Online Dispute Resolution), diente dazu, Verbraucher und Unternehmer bei Streitigkeiten im Online-Handel zu unterstützen. Die Schließung dieses Angebots bringt eine bedeutende Änderung für Online-Händler mit sich, da die Verpflichtung zu Hinweis und Verlinkung auf die Plattform entfällt – und damit gleichzeitig eine oft genutzte Grundlage für Abmahnungen. Aber Vorsicht: Es drohen bereits neue Abmahnfallen.
Weshalb wird die Plattform eingestellt?
Die EU-Kommission begründet die Einstellung der Plattform mit ihrer mangelnden Akzeptanz und Wirksamkeit. Hiervor hatten Politiker und Experten bereits vor ihrer Einführung gewarnt. Viele Verbraucher und Unternehmer haben das Angebot schlicht nicht genutzt. Die meisten Streitigkeiten wurden weiterhin direkt zwischen den Parteien geklärt oder in anderen, beispielsweise herkömmlichen gerichtlichen Verfahren gelöst. Nur ca. 200 Verfahren wurden pro Jahr durchschnittlich über die Streitschlichtungsplattform eröffnet. Angesichts des geringen Nutzens und der nicht unerheblichen Kosten hat sich die EU nun entschieden, die Plattform abzuschalten.
Wann wird die OS-Plattform abgeschaltet?
Die OS-Plattform wird endgültig zum 20. Juli 2025 abgeschaltet. Allerdings können nur noch bis zum 20. März 2025 neue Verfahren eröffnet werden, die – so die Prognose der EU-Kommission – bis zum Tag der Abschaltung gelöst und abgeschlossen sein sollen.
Auswirkungen auf Online-Händler
Die Einstellung der OS-Plattform hat für Online-Händler zwei wesentliche Konsequenzen:
- Wegfall der Verlinkungspflicht: Online-Händler müssen jedenfalls ab 20. März 2025 nicht mehr auf die OS-Plattform verlinken. Dies reduziert den Aufwand bei der Pflege von Rechtstexten und Webseiten.
- Wegfall einer Abmahngefahr: Die Pflicht zur Verlinkung waren eine beliebte Angriffsfläche für Abmahner. Fehlerhafte oder fehlende Verlinkungen wurden häufig als Wettbewerbsverstoß angegriffen. Mit dem Ende der OS-Plattform entfällt nun diese Grundlage für Abmahnungen komplett.
Aber Achtung: Neue Abmahngefahr droht
Online-Händler sollten ihre Webseiten und Rechtstexte zeitnah überarbeiten und die Verlinkung auf die OS-Plattform entfernen. Insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, im Impressum oder in der Widerrufsbelehrung könnten noch Verweise auf die Plattform enthalten sein. Diese sollten spätestens zum Ende der Nutzungsmöglichkeit entfernt werden, um neuerliche Abmahnrisiken zu vermeiden. Denn der Verweis auf eine tatsächlich nicht mehr verfügbare Streitschlichtungsmöglichkeit könnte unter dem Gesichtspunkt der Irreführung (§ 5 UWG) erneut zu einer wettbwerbsrechtlichen Inanspruchnahme führen.
Aber Achtung: Die Pflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) bleiben bestehen! Wer als Unternehmen mehr als zehn Beschäftigte hat, muss weiterhin auf seine Bereitschaft oder Verpflichtung, an Streitschlichtungsverfahren teilzunehmen, hinweisen. § 36 VSBG gilt weiterhin unverändert fort.
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