Dass das s.g. “Dosenpfand” seit seiner Einführung vor 20 Jahren für einige witzige Possen gesorgt hat, ist bekannt. Mittlerweile wird das geduldige und leergutbepackte Anstehen am ikonischen Pfandautomaten international als “typisch deutsch” empfunden. Ein leidiges Thema in diesem Zusammenhang hat das Oberlandesgericht Stuttgart in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (OLG Stuttgart, Urteil vom 15.06.2023, Az. 2 U 32/22) nunmehr ein für allemal geklärt: Supermärkte sind verpflichtet, auch zerdrückte, deformierte oder sonst beschädigte Einwegdosen oder Einwegflaschen gegen Erstattung des Dosenpfandes zurückzunehmen.
Die Einwegdosen-Entscheidung – Was war geschehen?
“Wenn er’s net nimmt, nimmt er’s net!” Kennen Sie das? Genau. Die täglich hundertfach geäußerte Antwort von notorisch genervten Supermarktangestellten, wenn der Pfandautomat sich wieder mal weigert, Flaschen oder Dosen zurückzunehmen. Selbiges war einem Verbraucher in Baden-Württemberg passiert: Er wollte im Supermarkt Einwegdosen zurückbringen und sich das Dosenpfand erstatten lassen. Da die Dosen jedoch “plattgedrückt”, bzw. aber jedenfalls beschädigt und deshalb für den wohl recht einfältigen Automaten unlesbar waren, verweigerte der Supermarkt – in diesem Falle Lidl -, die Annahme. Auch das Argument des Kunden, dass die Pfandmarken noch sichtbar seien, überzeugte nicht. Er musste sich sogar den Vorwurf anhören, er habe die Dosen bereits einmal abgegeben – und deshalb im Ergebnis unverrichterer Dinge seiner Wege ziehen – und zwar mit seinem Leegut.
Der gehörnte Lidl-Kunde machte seinem Unmut anschließend mit einer Beschwerde bei der Verbraucherzentrale Luft. Diese mahnte den Supermarkt daraufhin mit dem Argument ab, es könne auf den äußeren Zustand der Einwegdosen nicht ankommen, da diese ohnehin der Vernichtung zugeführt werden würden. Das Verpackungsgesetz stelle keine Anforderungen an den Dosen- oder Flaschenzustand. Außerdem seien die Pfandmarken sichtbar gewesen. Für einen Betrugsverdacht gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Die Verbraucherzentrale forderte deshalb Unterlassung von Lidl.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart
Nachdem sich der Supermarkt geweigert hatte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, zog die Verbraucherzentrale vor das Landgericht Stuttgart und obsiegte. Die hiergegen eingelegte Berufung des Supermarktes blieb im Ergebnis ohne durchgreifenden Erfolg.
Der beklagte Supermarkt habe es zu unterlassen, “gegenüber Verbrauchern, die restentleerte, wie […] ersichtlich deformierte Pfand-Getränkedosen in der von der Beklagten betriebenen Filiale gegen Er- stattung des Pfandes zurückgeben möchten, ohne dass die betreffenden Dosen bereits zuvor gegen Erstattung des Pfandes zurückgegeben wurden, eine Rücknahme dieser Dosen gegen Erstattung des Pfandes zu verweigern”.
Der Wortlaut der in Rede stehenden Vorschrift des § 15 VerpackG sei eindeutig. Sie lautet:
“Hersteller und in der Lieferkette nachfolgende Vertreiber von […] Verkaufs- und Umverpackungen, für die wegen Systemunverträglichkeit nach § 7 Absatz 5 eine Systembeteiligung nicht möglich ist, […] sind verpflichtet, gebrauchte, restentleerte Verpackungen der gleichen Art, Form und Größe wie die von ihnen in Verkehr gebrachten am Ort der tatsächlichen Übergabe oder in dessen unmittelbarer Nähe unentgeltlich zurückzunehmen. […]”
Eine Vorgabe, in welchem Zustand die Verpackungen zum Zeitpunkt der Rückgabe durch den Abgebenden zu sein hätten, treffe die Vorschrift nicht. Schon gar nicht treffe den Verbraucher eine Pflicht, Pfanddosen, die ohnehin spätestens bei Eingabe in den Annahmeautomaten zerstört werden, pfleglich zu behandeln. Im Übrigen stehe es dem umweltrechtlichen und abfallrechtlichen Sinn und Zweck der Bestimmungen des Verpackungsgesetzes entgegen, könnte der annahmeverpflichtete Unternehmer hier ein eigenes Ermessen ausüben und willkürlich die Annahme verweigern.
Sie können fortan also ohne Weiteres auch beschädigte Pfandflaschen und Pfanddosen abgeben und deren Annahme gegen Pfandauszahlung verlangen. Nur bereits schon einmal abgegebenes Leergut dürfen Sie nicht noch einmal abgeben – aber das war auch schon vorher klar.
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