KunstUrhG trotz DSGVO weiter anwendbar – OLG Köln

Von Karsten Gröger.


Das Oberlandesgericht Köln hat mit Beschluss vom 18.06.2018, Az. 15 W 27/18, eine erste wegweisende Entscheidung in Bezug auf das Verhältnis zwischen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und dem Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) im Bereich des Presserechts getroffen. Die Kölner Richter haben für Recht erkannt, dass die bisher geltenden Erleichterungs-Regelungen des KunstUrhG – jedenfalls im journalistischen Bereich – weiterhin vollumfänglich anwendbar sind und den datenschutzrechtlichen Regelungen der DSGVO vorgehen.

Der Sachverhalt

Im nun vom Oberlandesgericht entschiedenen Fall stritten die Parteien im einstweiligen Verfügungsverfahren um die Zulässigkeit eines Fernsehbeitrages. Die Antragsgegnerin, ein Medienunternehmen, fertigte einen Fernsehbericht über “Vorgänge um die Räumung, Sperrung und Bewachung” eines besetzten Gebäudes in Nordrhein-Westfalen an. Dabei verwendete sie u.a. Filmaufnahmen, die den Antragsteller erkennbar abbildeten.

Der Antragsteller sieht sich dadurch in seinem Recht am eigenen Bild und in seinen Rechten nach der DSGVO verletzt und beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, den streitgegenständlichen Fernsehbeitrag öffentlich zu verbreiten, wenn darin der Antragsteller “weiterhin kenntlich zur Schau” gestellt werde.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. Die Verwendung des Filmmaterials sei jedenfalls durch die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 KunstUrhG gedeckt, da es sich um Bildnisse der Zeitgeschichte handele. Die Datenschutzgrundverordnung sei darüber hinaus bereits deshalb nicht einschlägig, da sie wegen der Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO für den journalistischen Bereich keine Anwendung finde.

Die Entscheidung: KunstUrhG geht DSGVO vor

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers zum OLG Köln blieb ohne Erfolg.

Das Oberlandesgericht führt zunächst aus, dass eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild nicht in Betracht komme. Denn bei den streitgegenständlichen Aufnahmen handele es sich um Bildnisse der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 KunstUrhG, deren Verwendung der Antragsteller nicht verbieten lassen könne.

Auch mit Blick auf das neue Datenschutzrecht sieht das Oberlandesgericht einen Verfügungsanspruch nicht als gegeben an, da die wesentlichen Vorschriften der DSGVO im Bereich der journalistischen Berichterstattung zurückzutreten haben. Es führt aus:

Artikel 85 DSGVO erlaubt wie die Vorgängerregelung in Art 9 der Richtlinie RL 95/46/EG nationale Gesetze mit Abweichungen von der DSGVO zugunsten der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken. Er enthält damit eine Öffnungsklausel, die nicht nur neue Gesetze erlaubt, sondern auch bestehende Regelungen – soweit sie sich einfügen – erfassen kann.

Die Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO führe dazu, dass sich die Antragsgegnerin erfolgreich auf das im national und landesrechtlich geregelten Rundfunkrecht verankerte Medienprivileg berufen könne. Die Vorschrift des Art. 85 DSGVO treffe keine inhaltlichen, also materiell-rechtlichen Vorgaben, sondern lege nur die Notwendigkeit fest, “praktische Konkordanz” zwischen dem Datenschutzgrundrecht und den Kommunikations- und Pressegrundrechten herbeizuführen. Dies sei auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Art 85 DSGVO gerade den Normzweck habe, einen sonst zu befürchtenden Verstoß der DSGVO gegen die Meinungs- und Medienfreiheit zu vermeiden. Wenn bereits anerkannt sei, dass das reine Äußerungsrecht ebenfalls schwerer wiege als datenschutzrechtliche Bestimmungen, könne im Bereich der Bildberichterstattung, der u.a. durch das KunstUrhG konkretisiert und ausgeglichen werde, nichts anderes gelten.

Anzumerken bleibt aber gleichwohl, dass hier lediglich der journalistische Bereich der Bildberichterstattung Gegenstand der Entscheidung war. Ob selbiges auch für gewerbliche Fotografen gilt, ist weiterhin offen.

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