Rückforderung von Corona-Soforthilfe 2020

Derzeit erhalten zahlreiche Unternehmen deutschlandweit Rückmeldeaufforderungen oder gar Rückforderungsbescheide wegen der Corona-Soforthilfe 2020 (u.a. aktuell in Sachsen und Sachsen-Anhalt). Die staatliche Hilfsmaßnahme war in der ersten Hälfte des Corona-Jahres 2020 als unbürokratischer und schneller Zuschuss ausgereicht worden, um existenzielle Folgen der pandemiebedingten Maßnahmen für Unternehmer abzufedern. Viele Freiberufler, Soloselbständige und KMU haben die Soforthilfe damals in Anspruch genommen – gerade auch weil Finanzminister Scholz und einige Behörden versichert hatten, die Soforthilfe müsse nicht zurückgezahlt werden. Was nunmehr beachtet werden muss, erfahren Sie in diesem Artikel.

Warum erhalte ich plötzlich einen Rückforderungsbescheid zur Corona-Soforthilfe?

Viele Selbstständige und Unternehmen erhalten Rückforderungsbescheide, weil die Behörden Jahre nach der Bewilligung der Soforthilfe deren Voraussetzungen neu bewerten. Meist wird behauptet, dass kein Liquiditätsengpass bestand oder dass angeblich eine Überkompensation vorlag. Diese nachträglichen Prüfungen erfolgen in aller Regel auf Basis von Kriterien, die weder im Bescheid selbst noch bei Antragstellung klar erkennbar waren.

Muss ich die Corona-Soforthilfe tatsächlich zurückzahlen?

Nein – nicht automatisch. Rückforderungen sind in der Regel nur zulässig, wenn die ursprüngliche Bewilligung rechtswidrig war und Sie kein schützenswertes Vertrauen in den Bescheid haben. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen für eine Rückforderung in aller Regel eng.

Wann ist die Rückforderung rechtswidrig?

Das bedarf der Prüfung im Einzelfall. Als Faustregel kann gelten: Die Rückforderung ist rechtswidrig, wenn der Bewilligungsbescheid keine klaren Rückzahlungsvorbehalte enthielt, die Zweckbindung erst nachträglich über FAQs oder Rückmeldeformulare konkretisiert wurde und der Zuwendungsempfänger die Mittel entsprechend den damals bekannten Vorgaben verwendet hat.

Spielt die öffentliche Werbung für die Soforthilfe eine Rolle?

Ja. Denn die massive Anpreisung der Corono-Soforthilfe in Medien und Öffentlichkeit stärkt Ihren Vertrauensschutz und kann u.U. einen Grund für das Behaltendürfen der Leistung darstellen. Denn in der publizistische Darstellung der Soforthilfe – also nach dem, was Politiker und Ministerien öffentlich versprochen haben – sollte die Hilfe „schnell“, „unbürokratisch“ und i.d.R. „ohne Rückzahlung“ erfolgen.

Was ist Vertrauensschutz?

Vertrauensschutz ist ein durch das Grundgesetz garantiertes Prinzip im Verhältnis zwischen Staat und Bürger. Es garantiert, dass Sie auf eine staatliche Zusage grundsätzlich vertrauen dürfen, ohne Gefahr zu laufen, dass diese nachträglich zu Ihrem Nachteil geändert wird. Vertrauensschutz greift im Zusammenhang mit der Corona-Soforthilfe insbesondere, wenn Sie keine falschen Angaben im Antrag gemacht, mit der Hilfe laufende Betriebskosten gedeckt und aufgrund des Zuschusses wirtschaftliche Dispositionen getroffen haben (z. B. keine Kündigungen, Investitionen, Kreditaufnahmen o.Ä.).

Ich habe die Corona-Soforthilfe 2020 korrekt verwendet. Spielt das eine Rolle?

Ja. Grundsätzlich können sich Soforthilfe-Empfänger darauf verlassen, dass die Corona-Hilfe bei rechtmäßiger Verwendung nicht zurückgefordert wird. Finanzminister Scholz und insbesondere bayerische Behörden hatten 2020 betont, die Zuschüsse seien nicht rückzahlbar. Dies hat den Vertrauensschutz erheblich gestärkt. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat bestätigt, dass die Empfänger „vertrauen konnten, dass sie keine Mittel zurückzahlen müssen“, die sie im Bewilligungszeitraum berechtigt zur Milderung pandemiebedingter Notlagen eingesetzt haben.

Wann entfällt der Vertrauensschutz?

Der Vertrauensschutz entfällt, wenn der Empfänger selbst grob fahrlässig oder vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat. Fehlen zum Beispiel im Antrag Angaben zu einem ersten Förderbescheid, kann man sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Ebenso ist kein Vertrauen zu schützen, wenn die Hilfsgelder nicht wie verlangt oder gewährt verwendet wurden. In solchen Fällen dürfen Behörden den Zuschuss unter den gesetzlichen Bedingungen grds. zurückfordern.

Ich habe eine Aufforderung zur Rückmeldung, bzw. einen Anhörungsbogen zur Rückforderung erhalten. Soll ich Fristverlängerung beantragen?

Auch wenn viele Betroffene dies derzeit tun, ist es nicht ratsam, Rückmeldung und ggf. Rückforderung durch eine Fristverlängerung hinauszuzögern. Da dadurch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG nicht zu laufen beginnt, spielt das letztlich der Behörde in die Hände: Sie hat mehr Zeit zur Rückforderung. Es ist vielmehr zu empfehlen, Rückmeldung und Abrechnung zügig abzuschließen, um den Fristbeginn in Gang zu setzen.

Ich habe schon eine Rückmeldung abgegeben und „verzichtet“. Was nun?

Viele Rückforderungsverfahren stützen sich auf angeblich freiwillige Rückmeldungen mit Verzichtserklärung. Ein solcher „freiwilliger Verzicht“ im Rahmen eines behördlich vorgegebenen Onlineformulars ist aber in der Regel nicht rechtswirksam, wenn er etwa unter Druck oder ohne echte Wahlmöglichkeit erfolgte (s.g. „Zwangsverzicht“). Ein solcher dürfte keine tragfähige Rechtsgrundlage für eine Rückforderung darstellen.

Was kann ich tun, wenn ich einen Rückforderungsbescheid erhalten habe?

Wenn Sie einen Rückforderungsbescheid erhalten, können Sie dagegen – je nach Bundesland – innerhalb eines Monats nach Zugang Widerspruch oder direkt Klage zum Verwaltungsgericht erheben. Oft bestehen sehr gute Erfolgsaussichten. Es empfiehlt sich in jedem Falle, anwaltlichen Expertenrat einzuholen.

Welche Fristen muss ich beachten?

Widerspruch: Ein Monat nach Zugang des Rückforderungsbescheids.
Klage: Ein Monat nach Zugang des ablehnenden Widerspruchsbescheids.

Oder:

Klage: Ein Monat nach Zugang des Rückfoderungsbescheids.

Das Verfahren ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Manche Länder haben das Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) ausgeschlossen und direkt den Weg zum Verwaltungsgericht eröffnet. Lsasen Sie sich von Experten beraten.

Ich habe einen Rückforderungsbescheid zur Corona-Soforthilfe 2020 erhalten und will Ratenzahlung beantragen. Ist das ratsam?

In der Regel nicht. Sie sollten vor einer inhaltlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheides nichts unternehmen, das Ihnen seitens der Behörde als Anerkenntnis ausgelegt werden könnte oder dass die Verjährung hemmt. Das Angebot einer Ratenzahlung könnte u.U. nachteilig sein, wenn sich herausstellt, dass der Bescheid dem Grunde nach angegriffen werden kann.

Ich habe die Hife bereits zurückgezahlt – kann ich das Geld zurückfordern?

Die Rückforderungspraxis der Behörden ist juristisch komplex und von Fristen und Formalitäten geprägt. Man verliert schnell den Überblick. Eine Expertenprüfung lohnt sich daher, um etwaige Fehler in Rechtsgrundlagen oder Begründung erkennen und eine schlüssige Argumentation für Widerspruch und Klage entwickeln zu können. Oft lässt sich der Sachverhalt bereits durch einen fachkundig begründeten Widerspruch klären (so z.B. bei Verwechslungen oder fehlenden Unterlagen) und auf diese Weise eine Erstattung vermeiden. Grundsätzlich spart es Zeit und Nerven, sich von Anfang an auf die richtige Vorgehensweise zu stützen und etwaige Anhörungspflichten oder Formalien einzuhalten. Gerade bei den ausgereichten hohen Summen lohnen sich rechtliche Beratung und Vertretung, um Nachteile zu vermeiden und Ansprüche durchzusetzen, bzw. Rückforderungen effektiv abzuwehren.

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