In einer viel beachteten Grundsatzentscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2012 Teile des Bundeswahlrechts für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 131, 316 – 376), weil u.a. das mit Überhangmandaten verbundene negative Stimmgewicht den vom Gesetzgeber gewählten Grundcharakter einer Verhältniswahl gefährde. In der Folge wurde das Wahlrecht dahingehend angepasst, als dass Überhangmandanten Ausgleichsmandate entgegengesetzt wurden, um diesen Effekt zu verhindern. Die Folge: Ein immer weiter wachsender Bundestag mit derzeit 736 Abgeordneten. Nun hat die s.g. “Ampel-Koalition” aus SPD, Grünen und FDP ein neues Wahlrecht beschlossen. Es ist ein verfassungswidriger Frontalangriff auf die Demokratie und dient lediglich einem Zweck: Der Absicherung künftiger linker Mehrheiten. Ein Kommentar.
Das Bundeswahlrecht
Artikel 38 GG bestimmt in grundsätzlicher Form, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden. Diese Wahlrechtsgrundsätze haben Verfassungsrang und binden den Gesetzgeber – auch wenn er ein neues Wahlrecht einführt – als unmittelbar geltendes Recht.
Allgemeinheit der Wahl
Die Wahl zum Deutschen Bundestag hat “allgemein” zu sein. Das bedeutet, dass es ein Ständewahlrecht nicht gibt. Vielmehr ist jeder Deutsche zur Wahl des Parlaments berufen (aktives Wahlrecht) und grundsätzlich berechtigt, sich als Kandidat für den Deutschen Bundestag zu bewerben (passives Wahlrecht).
Unmittelbarkeit der Wahl
Bundestagswahlen finden “unmittelbar” statt, d.h. die Wähler bestimmen über die personelle Zusammensetzung des Parlaments direkt. Wahlmänner, wie etwa in den Vereinigten Staaten, treten nicht dazwischen.
Freiheit der Wahl
Die Wahlen zum Deutschen Bundestag sind frei. Jeder Wähler vergibt seine Stimme frei und ohne Zwang nach seinen eigenen Überzeugungen und ist hierbei nur seinem Gewissen unterworfen. Kandidaten können ihre Kandidatur frei ausüben. Sie haben zur Vorbereitung Anspruch auf Urlaub. Beeinflussungen der Wahl sind unzulässig und in bestimmten Ausprägungen strafbar.
Gleichheit der Wahl
Das Prinzip der Wahlgleichheit erfordert es, dass jeder Stimme grundsätzlich der gleiche Zählwert und der gleiche Erfolgswert zukommen muss. Unzulässig wäre es, wenn Stimmen überhaupt nicht gezählt werden würden oder sie auf die spätere Zusammensetzung des Parlaments in großem Umfang überhaupt keinen Einfluss hätten. Diese Grundsätze können durch andere Prinzipien von Verfassungsrang bis zu einem bestimmten Maße eingeschränkt werden.
Öffentlichkeit der Wahl
Der Öffentlichkeitsgrundsatz schließlich verlangt, dass die Bundestagswahl – mit Ausnahme der geheimen Stimmabgabe – öffentlich zu erfolgen hat, sich also vor den Augen der Bevölkerung transparent vollzieht und nachprüfbar ist. Dies geht mit dem Recht einher, die Vorgänge im Wahlraum oder während der späteren Stimmauszählung grundsätzlich beobachten zu dürfen und währenddessen anwesend zu sein.
Rechtswirklichkeit
Diese Verfassungsgrundsätze geben indes kein bestimmtes Wahlsystem vor. Der Gesetzgeber ist in der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des Wahlablaufs frei, solange und soweit die vorgenannten Verfassungsprinzipien eingehalten werden. Seit jeher ist die Wahl zum Bundestag im Bundeswahlgesetz geregelt. Sie findet als s.g. personalisierte Verhältniswahl statt. Hierbei wird die Hälfte der Abgeordneten in 299 Wahlkreisen direkt, d.h. unter Anwendung des Mehrheitswahlrechts gewählt. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf seine Person vereinigt. Eine absolute Mehrheit, also 50 Prozent und eine Stimme, ist nicht erforderlich. Die andere Hälfte – weitere 299 Abgeordnete – wird über eine von Landesparteienlisten geprägte Verhältniswahl bestimmt, bei der es Sache der Parteien ist, die Reihenfolge ihrer jeweiligen Listenkandidaten aufzustellen. Im Gegensatz zur Direktwahl (Mehrheitswahl, First-past-the-post) ist diese Form der Verhältniswahl insgesamt intransparenter und für den Wähler weniger nachvollziehbar. Zwar muss auch die Listenaufstellung der Parteikandidaten demokratischen Grundsätzen genügen. Jedoch sind die Einflussmöglichkeiten des Entscheiders, also des Wählers, beschränkter als bei der Direktwahl. Vergibt er seine Zweitstimme an eine Partei, so wählt er diese, nicht aber einen konkreten Volksvertreter. Darauf, wer letztlich tatsächlich “in Parlament sitzt”, hat der Wähler – jedenfalls als Nicht-Parteimitglied – nur mittelbaren Einfluss. Die Wahl ist insoweit faktisch durch ein “Take-it-or-leave-it”-Prinzip geprägt. Will der Wähler auch nur einen einzigen Listenkandidaten “seiner” Partei nicht unterstützen, so bleibt ihm lediglich die Möglichkeit, gar keine Zweitstimme abzugeben – oder aber eine andere, ihm völlig fremde Partei zu wählen. Mit dem Wortlaut der Verfassung, dass “die Abgeordneten” (und eben nicht Parteien, bzw. deren Kader) gewählt werden, hatte die Verhältniswahl schon immer wenig zu tun.
Fünf-Prozent-Hürde
Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl wird u.a. durch die s.g. Fünf-Prozent-Hürde eingeschränkt. Danach ist eine Partei lediglich dann im Bundestag (in Fraktionsstärke) vertreten, wenn sie mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen, also fünf vom Hundert im Rahmen der Verhältniswahl abgegebenen Stimmen erreicht hat (zur Grundmandatsklausel sogleich). Diese Einschränkung der Stimmgewichtsgleichheit (bedenke: diejenigen Stimmen für eine Partei, die im Ergebnis keine fünf Prozent erreicht, verfallen faktisch) wird gemeinhin mit der Funktionsfähigkeit des Parlaments begründet. Sie ist, so das Bundesverfassungsgericht, grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfGE 82,322).
Grundmandatsklausel
Die Fünf-Prozent-Hürde wiederum unterliegt ihrerseits der Einschränkung durch die s.g. Grundmandatsklausel. Diese Wahlrechtsbestimmung sieht bisher vor, dass eine Partei, die weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erzielt, aber mindestens drei Direktmandate (also tatsächlich durch Personenwahl direkt gewählte Abgeordnete) errungen hat, gleichwohl als Fraktion im Bundestag vertreten ist. Die Linkspartei ist beispielsweise im derzeitigen Bundestag lediglich aufgrund dieser Ausnahmeregel vertreten, da sie weniger als fünf Prozenz der Zweitstimmen erhalten hat.
Überhangmandate
S.g. “Überhangmandate” entstehen im bisherigen Wahlrechtssystem immer dann, “wenn eine Partei mehr Direktmandate errungen hat, als ihr nach ihrem Zweitstimmenergebnis zustehen”. Derartige – nach hiesiger Ansicht irreführend als “Überhangmandate” bezeichnete – Wahlkreissieger ziehen nach dem aktuellen System selbstverständlich in das Parlament ein. Schließlich sind sie direkt von den Wahlberechtigten ihres jeweiligen Wahlkreises, also im eigentlichen Sinne “vom Volk” gewählt.
Das – scheinbare – Problem damit ist nur, dass sich das Bundeswahlgesetz eben nicht an den Prinzipien einer direkten Mehrheitswahl orientiert, sondern im Zweifel an der Verhältniswahl. Letztere schlägt deshalb durch: Gewinnen Direktkandidaten einer Partei mehr Wahlkreise und hat diese Partei deshalb mehr Abgeordnete als ihr nach dem (Zweitstimmen-) Verhältniswahlrecht zustehen, stößt das gesamte System an seine Grenzen, weil die Stimmgewichte zwangsläufig verzerrt werden. Bisher wurde – zu Recht – dem Direktmandat “der Vorzug” gegeben; der direkt Gewählte zog in das Parlament ein, die Verzerrung bei der Verhältniswahl wurde durch Ausgleichsmandate für die anderen Parteien kompensiert. Auf diese Weise wurde die Gleichheit der Wahl gewährleistet – freilich auf Kosten eines größeren (und teurern) Bundestages.
Neues Wahlrecht: Die Reform
Im Kern sieht die nun von der s.g. “Ampelkoalition” beschlossene Reform folgende weitreichenden Änderungen vor, die ein neues Wahlrecht begründen:
- Abschaffung der Überhangmandate
- Abschaffung der Ausgleichsmandate
- Sitzverteilung im Parlament orientiert sich ausschließlich am Verhältniswahlergebnis
- Fünf-Prozent-Hürde gilt absolut
- Abschaffung der Grundmandatsklausel
- Orientierung an einer Größe von nicht mehr als 630 Abgeordneten
Neues Wahlrecht ist verfassungswidriger Angriff auf das demokratische Prinzip
Erklärtes Ziel des neuen Wahlrechts ist vordergründig die Reduzierung der Größe des Deutschen Bundestages und die damit einhergehenden Kostensenkungen. Dass dieses Argument vorgeschoben ist, zeigt bereits ein simpler Blick in die Bundeshaushalte der letzten Jahre. Denn deren Volumen nimmt von Jahr zu Jahr stetig zu: Umfasste der Bundeshaushalt im Jahr 2022 noch ca. 443 Milliarden Euro, sind es in diesem Jahr 2023 bereits rund 477 Milliarden Euro. Auf den Einzelplan, bzw. Etat des Bundestages entfallen hiervon ca. eine Milliarde Euro – also ein Vierhundertsiebenundsiebzigstel, bzw. 0,2 Prozent. Diese Zahlen zeigen – auch und gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der übwiegenden Mehrheit der Deutschen ihr Bundestag als wichtigste demokratische Institution besonders am Herzen liegt -, dass der wahre Beweggrund für die durchgesetzte Wahlrechtsreform ein anderer sein muss. Hierzu muss man sich lediglich fragen: Cui bono?
Neues Wahlrecht: Die Auswirkungen
Um zu verstehen, wer die Profiteure der Reform sind, muss man sich zunächst die Auswirkungen der neuen Bestimmungen in der Praxis vor Augen führen.
Gewonnen, aber nicht gewählt
Stellen Sie sich vor, Sie sind Franz, 48, verheiratet, katholisch. Sie leben mit Ihrer Familie im ländlich geprägten Bayerischen Wald. Sie sind der einzige Bäcker in der Gemeinde; jeder kennt Sie. Beim sonntäglichen Brötchenkauf schwatzen Sie mit Ihren Kunden; nach dem Gottesdienst kommen die Menschen auf Sie zu und freuen sich, Sie zu sehen. Sie sitzen im Gemeinderat – für die CSU, weil das der Papa schon so gemacht hat -, haben immer ein offenes Ohr für alle, wollen Ihr Zuhause lebenswerter machen. Sie haben Spaß, einmal in der Woche beim Stammtisch im “Ochsen” Skat zu spielen und ein paar Bier zu trinken. Ansonsten engagieren Sie sich ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr – und wenn Not am Mann ist, sind Sie auch mal Trainer der Jugendfußballmannschaft. Sie sind mit Ihrer Heimat und Ihren Mitmenschen verbunden, drücken sich eher leidenschaftlich als diplomatisch aus und schimpfen auch mal auf “die große Politik” und “die da oben in Berlin”.
Als es dann am Freitag beim Stammtisch wieder einmal politisch wird, wirft Ihr Kumpel plötzlich in die Runde: “Mensch, Franz! Du musst das machen! Du solltest nach Berlin!”. Sie lachen. Aber nach der anfänglichen Heiterkeit stimmen immer mehr Stammtischler zu: Der Franz soll’s machen. Also denken Sie darüber nach, für den Bundestag zu kandidieren. Sie sprechen mit Ihrer Frau, mit Ihren Kindern, mit Freunden und Bekannten, mit den Kollegen vom Gemeinderat. Und alle sagen: “Der Franz! Jawoll, das ist einer von uns!”.
Und dann machen Sie’s. Sie kandidieren für Ihren Wahlkreis. Während in der Bäckerei die Frau und der große Sohn aushelfen, hirnen Sie über Ihre Kandidatur. Sie gehen zum Redakteur der Regionalzeitung – der zwar bei der SPD ist, aber den Sie trotzdem gerne mögen. Der Artikel, den er schreibt, trägt die Überschrift: “Der Franz macht’s”. Dann hängen Sie ein paar Plakate auf. Das Foto im weißen Bäcker-Outfit hat Ihr Sohn mit dem Handy gemacht und gleich bearbeitet. Die Ortsgruppe fand es super. Unter dem Foto steht: “Einer von uns!”. Großspuringen Wahlkampf machen Sie nicht. Bisweilen gehen Sie von Haustür zu Haustür und sprechen mit den Menschen. Oder besser: Hören zu. Aber das haben Sie ja sowieso immer schon gemacht.
Dann kommt der Wahlsonntag und die Spannung steigt. So richtig glauben können Sie es immer noch nicht. Am Laptop verfolgen Sie die Auszählung Ihres Wahlkreises. Und dann, um kurz vor neun Uhr abends ist es klar: Mit 12.623 zu 12.051 Erststimmen haben Sie sich gegen Ihren Mitbewerber von den Freien Wählern durchgesetzt. Sie haben gewonnen.
Doch die Ernüchterung kommt am darauffolgenden Montag. Das Büro des Wahlleiters ruft an und kündet schlechte Nachrichten. Neues Wahlrecht, das sei das Stichwort. Zwar hätten Sie die Wahl gewonnen und mehr Stimmen erhalten als jeder andere Kandidat in Ihrem Wahlkreis. In den Deutschen Bundestag gewählt seien Sie jedoch trotzdem nicht. Denn Ihre Partei, die CSU, habe mehr Direktmandate erhalten als ihr nach ihrem bundesweiten Zweitstimmenergebnis zustehen. Solche Überhangmandate gebe es aber nicht mehr, sie würden nicht berücksichtigt und schlicht gestrichen. Ihr Wahlkreis entsende nun gar keinen Abgeordneten nach Berlin, heißt es.
Weiter südlich in München zündet sich ein 25-jähriger Student der Gender Studies im zwölften Semester eine selbstgedrehte Zigarette an. Er ist seit dem 16. Geburtstag Parteimitglied und soeben über Platz 17 der Landesliste der Grünen in den Deutschen Bundestag gewählt worden.
Der Wahlkreis im Bayerischen Wald indes hat den Glauben an das politische System verloren. Er wählt bei der nächsten Bundestagswahl mehrheitlich AfD.
Die Geschichte ist gewiss zugespitzt, spiegelt aber die Realität des neuen Wahlrechts wider. Fortan ist es nicht mehr garantiert, dass ein tatsächlich direkt vom Volk gewählter Wahlsieger auch Bundestagsabgeordneter wird. Damit ist es auch nicht mehr gewiss, dass tatsächlich jeder deutsche Wahlkreis durch einen genuin eigenen Volksvertreter im Bundestag repräsentiert wird. Denn gibt das Zweitstimmenergebnis “Ihren” Abgeordnetenposten der Anzahl nach nicht mehr her, bleiben Sie unberücksichtigt, obwohl Sie gewonnen haben. Faktisch bevorzugt werden hingegen weitgehend unbekannte Listenkandidaten solcher (meist linker) Parteien wie SPD, Grüne oder FDP, die – einfach gesprochen – mit wenigen Dutzend Parteikaderstimmen einen hinteren Listenplatz ergattert haben. Nach Ansicht des Unterzeichners ein eklatanter Verstoß gegen das Demokratie- und Repräsentationsprinzip und ein ganz erheblicher Verfassungsbruch.
Apparatschik-Parlament statt Versammlung von Freigeistern
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen – so sagt es der bereits eingangs in Bezug genommene Art. 38 GG.
Von diesen hehren Worten bleiben nach der Wahlrechtsreform nur noch leere Hülsen übrig.
Denn fortan werden klassische Kaderparteien, Durchregieren der Parteizentralen und Parteisoldatentum gestärkt. Freies Denken, Aufbegehren, regionale Repräsentanz und “Anders-Sein” hingegen werden wahlrechtsimmanent bestraft und dürften in künftigen Parlamenten schmerzlich vermisst werden.
Eine lebendige Demokratie lebt nicht von Claqueuren und Marionetten, die nachplappern, was die Parteiobrigkeit vorgibt – sie lebt vielmehr von Freigeistern mit eigenen Ansichten, Vorstellungen und Ideen, von Figuren, die provozieren und inspirieren, hin und wieder auch Unmut auf sich ziehen – aber doch in ihren Wahlkreisen geschätzt – und deshalb auch gewählt – werden.
Die Wahlrechtsreform sorgt aber dafür, dass Kader von Parteien wie SPD, Grünen und FDP verstärkt Einfluss erhalten – genau diejenigen Parteien, die wenige oder gar keine Direktmandate erzielen können (Grüne: 16/736, FDP: 0/736).
Für echte Politiker-Charaktäre, Köpfe, die frei denken und deshalb beliebt sind, brechen hingegen harte Zeiten an. Der Deutsche Bundestag wird sich auf diese Weise weiter vom Volk entfernen; der Politikverdrossenheit wird erheblich Vorschub geleistet; die politischen Kräfte der extremen Ränder dürften gestärkt werden.
Die absolute Verhältniswahl
Mit der Abschaffung der Grundmandatsklausel wird die Fünf-Prozent-Hürde in eine Art absoluten Stand gehoben.
Nehmen Sie auch hier wieder das Beispiel der CSU:
Diese Partei tritt – aus eigenem Willen heraus – lediglich in Bayern an. Im Rest der Bundesrepublik ist sie nicht vertreten und nicht wählbar.
Dies bedeutet, dass die CSU in Bayern nunmehr zwingend mehr als fünf Prozent der bundesweiten (!) Zweitstimmen in Bayern erringen muss, um selbst mit ihren Direktkandidaten im Deutschen Bundestag vertreten zu sein.
Denn: Erringt die CSU – wie bei der letzten Wahl – 45 Direktmandate, erhält aber – im Gegensatz zur letzten Wahl – bundesweit nur 4,9% der Zweitstimmen, fällt sie aus dem Bundestag komplett heraus. Ihre 45 echten Wahlsieger bleiben ohne Sitz im Parlament. Millionen von Wählerstimmen dürfen ihren Erfolgswert nicht verwirklichen.
Selbiges gilt – in geringerem Umfang – für die Linkspartei.
Einer derartigen Wahlrechtsregelung steht nach Ansicht des Autors die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben.
Karlsruhe, übernehmen Sie!
Kommen wir zurück zur Frage “Cui bono?”. Ich vermute, Sie haben die Antwort bereits gefunden. Die derzeitige Linksregierung versucht unter dem Deckmantel der Reduzierung der Bundestagsgröße ihre künftige Machtbasis ein für allemal abzusichern und damit linke Mehrheiten zu zementieren.
Es ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des noch jungen deutschen Wahlrechts, dass eine amtierende deutsche Regierung mit ihrer Parlamentsmehrheit in so offensichtlich unanständiger und im Übrigen auch intellektuell verwerflicher Art und Weise eigene Macht über geltendes Recht stellt.
Der deutschen Demokratie sei gewünscht, dass ihr Bundesverfassungsgericht hieraus die richtigen Konsequenzen zieht und die Wahlrechtsreform dorthin befördert, wo sie hingehört: Auf den Müllhaufen verirrter Ideen.
Sie haben Anmerkungen? Schreiben Sie gerne eine Nachricht.