Der deutsche Pass vom Wühltisch

Der deutsche Pass – und mit ihm die Staatsbürgerschaft der Bundesrepublik Deutschland – sind weltweit begehrt. Im Ranking der “mächtigsten” Pässe rangiert das inkonische englischrote Büchlein regelmäßig auf den Plätzen zwei bis vier. Denn nicht weniger als 190 Staaten können deutsche Staatsangehörige visafrei besuchen. Doch mit der nunmehr geplanten – von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt gebliebenen – Reform der links-gelben Bundesregierung (vulgo: “Ampelkoalition”) drohnt der Ausverkauf der Staatsbürgerschaft. Eine kritische Einschätzung.

Der deutsche Pass – bisheriges Staatsangehörigkeitsrecht

Die deutsche Staatsangehörigkeit regelt grundlegend Art. 116 GG:

(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.

(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

Nach dem Staatsangehörigkeitsrecht besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft – und ist damit grundsätzlich Deutscher im Sinne des Grundgesetzes -, wer Kind eines Deutschen ist (Blutsprinzip, Abstammungsprinzip), wer auf deutschem Boden geboren wurde, wer adoptiert, also als Kind angenommen wurde oder wer unter bestimmten Voraussetzungen vom nationalsozialistischen Unrechtsregime ausgebürgert worden ist und die Staatsbürgerschaft zurükerhalten möchte, bzw. s.g. Statusdeutsche und Spätaussiedler.

Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft ist des Weiteren durch Heirat mit einem Deutschen möglich, durch die Behandlung als Deutscher seitens der Behörden und durch Einbürgerung nach den gesetzlichen Vorschriften. Voraussetzung hierfür waren u.a. eine achtjährige rechtmäßige Aufenthaltszeit in Deutschland (bzw. sieben Jahre nach dem erfolgreichen Absolvieren eines Integrationskurses) und Nachweise über die Kenntnis der deutschen Sprache. Genauere Informationen und die zugrundeliegenden Rechtsvorschriften sind u.a. beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu erhalten.

Die geplante Reform der Bundesregierung

Der deutsche Pass wird fortan wesentlich einfach zu erwerben sein. Das im Koalitionsvertrag der linken Bundesregierung vereinbarte Vorhaben für ein s.g. “modernes Staatsangehörigkeitsrecht” sieht vor, dass die Anforderungen an den Erwerb der deutschen Sprache für bestimmte Personengruppen gelockert werden. Der Erweb von Kenntnissen der deutschen Sprache soll fortan nur noch grundsätzliche Voraussetzung für die Einbürgerung sein. Es soll Erleichterungen beim Sprachnachweis geben und die Verpflichtung zum Einbürgerungstest für Ausländer, die mindestens 67 Jahre alt sind, sollen wegfallen. Damit ist angedacht, die Lebensleistung der s.g. “Gastarbeiter-Generation” zu würdigen, die in den ersten Jahren in Deutschland keine Sprachkurse erhalten konnten. Auch jüngere Einbürgerungswillige sollen in den Genuss dieser Regelung kommen, indem u.a. eine Härtefallregelung eingeführt wird, die besondere Umstände – wie etwa pflegebedürftige Angehörige – berücksichtigt.

Darüber hinaus wird die doppelte Staatsbürgerschaft vom absoluten Ausnahmefall zur Regel.

Der Entwurf sieht weiter vor, die Dauer des rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalts im Inland von acht auf fünf Jahre zu verkürzen, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Wenn eine Person besondere Integrationsleistungen vorweist, wie etwa herausragende Leistungen in Schule und Beruf, ehrenamtliches Engagement oder sehr gute Sprachkenntnisse, kann die Aufenthaltsdauer sogar auf drei Jahre reduziert werden. Die Optionspflicht, die es bisher erforderlich macht, dass in Deutschland geborene Kinder von Ausländern sich zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern entscheiden müssen, soll komplett abgeschafft werden (doppelte Staatsbürgerschaft). Auch die Dauer des rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalts eines Elternteils, die erforderlich ist, um die deutsche Staatsangehörigkeit eines Kindes, das von ausländischen Eltern in Deutschland geboren wurde, zu erwerben, soll von acht auf fünf Jahre reduziert werden.

Auch der Nachweis einer Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse soll fortan nicht mehr erforderlich sein, um den deutschen Pass zu erwerben.

Die Staatsbürgerschaft wird zur Ramschware

Die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ist ein weiteres Puzzlesteinchen in einem jahrzehntelangen Stückwerk gescheiterter deutscher Ingetrations- und Einwanderungspolitik. Dass der deutsche Pass nunmehr noch einfacher von noch dazu ohnehin schon völlig überforderten Ausländerbehörden vergeben werden soll, zeigt, dass der Bundesregierung auch in dieser Frage jede Fachkompetenz fehlt. Zur Einordnung: Allein im Jahr 2022 ist die Zahl der Flüchtlinge um knapp 30% gestiegen. Ausländerbehörden, Kommunen und Landkreise schlagen Alarm, weil sie mit der schieren Zahl an Flüchtlingen, Einwanderungswilligen und Neuankömmlingen überfordert sind. Es drängt sich der Eindruck auf, dass ausgerechnet in der relevanten Frage der Staatsangehörigkeit je nach Regierungcouleur zwischen den politischen Extremen hin- und hergewechselt wird. Während es Ende der 90er-Jahre aus CDU-Kreisen hieß “Kinder statt Inder” scheint es nun das Ansinnen der linksgelben Bundesregierung zu sein, so viele Pässe wie möglich zu verteilen.

Am eigentlichen Problem geht das meilenweit vorbei. Der deutsche Pass ist keine Ramschware. Als souveränder Staat entscheiden wir, wen wir warum einbürgern – und wen nicht. Es bedarf hier endlich einer sachlichen, ideologiefreien und interessenorientierten Debatte, die die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes, der Sicherheitsarchitektur, aber auch die Anforderungen des Asyl- und humanitären Flüchtlingsrechts in den Blick nimmt. Es bedarf – im Ergebnis – eines deutschen Staatsangehörigkeits- und Einwanderungsgesetzes, das alle diese relevanten Fragen gesammelt beantwortet. Schnellschüsse a lá Ampel helfen sicherlich nicht.

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