So gut wie jeder kennt ihn: Den ikonischen goldenen Schokoladenhasen mit der roten Schleife des Schweizer Chcolatiers Lindt & Sprüngli. So füllt die gemeinhin nur “Lindt-Hase” oder “Gold-Hase” genannte Süßigkeit alle Jahre wieder in der Osterzeit die Supermarktregale. Aber nicht nur Süßigkeitenliebhaber und Einzelhändler beschäftigen sich mit der Schweizer Leckerei – sie ist nunmehr auch beim Bundesgerichtshof (Az. I ZR 139/20) angekommen. Hintergrund ist ein Markenstreit mit einem Konkurrenten, der ebenfalls goldene Schokoladenhasen anbietet. Dies will Lindt mit der Begründung untersagen lassen, am Gold des Lindt-Hasen bestehe Markenschutz. Mit einem endgültigen Urteil wird in Kürze gerechnet.
Hintergrund: Der goldene Lindt-Hase
Der goldene Lindt-Hase wird bereits seit dem Jahre 1952 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in goldener Verpackung und seit 1994 im auch heute noch verwendeten Goldton angeboten. In den letzten 30 Jahren wurden in Deutschland mehr als eine halbe Milliarde Stück dieser Goldhasen verkauft. Er ist der mit Abstand meistverkaufte Schoko-Osterhase Deutschlands. Der Marktanteil betrug in Deutschland bereits im Jahr 2017 über 40 Prozent. Auch hat ein entsprechendes demoskopisches Gutachten ergeben, dass die Süßigkeit hohe Bekanntheit im relevanten Marktsegment genießt (über 70 Prozent der Befragten konnten eine entsprechende Zuordnung vornehmen). Der “Lindt Goldhase” wird sowohl vor und während der Osterfeiertage in massiver Art und Weise und in allen nur erdenklichen Medien beworben.
Lindt-Hase: Markenschutz aufgrund Verkehrsgeltung?
Obwohl Lindt die goldene Farbe des Hasen nicht als abstrakte Farbmarke ins Register hat eintragen lassen (kein formeller Markenschutz durch Registrierung), ist die Firma der Auffassung, der Farbton genieße gleichwohl kennzeichenrechtlichen Schutz durch Benutzung, weil er Verkehrsgeltung erlangt habe.
Abstrakte Farbmarken
Zu beachten ist hier, dass nicht nur gängige und im Markengesetz genannte Formen von Zeichen kennzeichenrechtlichen Schutz genießen, sondern gem. § 3 MarkenG
“alle Zeichen […], die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.”
Deshalb können auch Farben – für sich genommen – grundsätzlich geschützte Markenformen sein. Zu nennen sind hier beispielsweise das “Langenscheidt-Gelb” (abstrakte Farbmarke durch Verkehrsgeltung; BGH, Urteil v. 18.09.2014, Az. I ZR 228/12), das “Sparkassen-Rot” (BGH, Urteil v. 23.09.2015, Az. I ZR 78/14) oder das “Telekom-Magenta” (u.a. eingetragene Farbmarke Nr. 39552630 “magenta” [RAL 4010]).
Benutzungsmarke durch Verkehrsgeltung
Neben denjenigen Marken, die ihren Schutz aus der Eintragung in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt herleiten (s.g. Eintragungsmarke nach § 4 Abs. 1 MarkenG), bestimmt § 4 Nr. 2 MarkenG Folgendes:
Der Markenschutz entsteht durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat […].
Lindt & Sprüngli ist im hiesigen Fall der Meinung, ihr stehe an der Farbe Gold ihrer Schokoladenhasen-Verpackung eine derartige Benutzungsmarke zu, da sie wegen der eingangs genannten Fakten Verkehrsgeltung bei den an Ostersüßigkeiten Interessierten erlangt habe.
Der Gang des Rechtsstreits
Im Jahr 2018 hat ein Konkurrent von Lindt & Sprüngli ebenfalls einen goldenen Schokoladenosterhasen in Deutschland auf den Markt gebracht. Lindt (im Folgenden: Klägerin) hat diesen (im Folgenden: Beklagter) zunächst einmal erfolglos abgemahnt und anschließend vor dem Landgericht München I auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch genommen.
Landgericht gibt Lindt Recht
Das Landgericht schloss sich der Argumentation der Klägerin im Ergebnis an und gab der Klage statt (vgl. LG München I, Urteil vom 15.10.2019, Az. 33 O 13884/18).
Vor allem die von der Klägerin vorgelegten Beweismittel zu Umsatzzahlen, Absatz und Bekanntheit des Lindt-Hasen konnten die Kammer überzeugen.
Zur Begründung führte das Gericht u.a. aus:
“Im Streitfall fasst der angesprochene Verkehr, zu dem auch die Mitglieder der Kammer als normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher und zumindest potentielle Käufer von Schokoladenosterhasen gehören, die Farbe Gold auf der Verpackungsfolie der klägerischen Schokoladenhasen als eigenständigen Herkunftshinweis auf.”
Und weiter:
“Aus der Sicht der an Schokoladenhasen interessierten Durchschnittsverbraucher ist daher die Farbe „Gold“ zum Inbegriff von Schokoladenhasen der Klägerinnen geworden, was nicht zuletzt auch auf der eingängigen, plakativen, langjährigen und intensiven Bewerbung beruhen mag.”
Konkurrent obsiegt im Berufungsverfahren
Gegen die landgerichtliche Entscheidung erhob der Beklagte Berufung zum Oberlandesgericht München. Er verteidigt seine – bereits in der ersten Instanz umfangreich vorgetragene – Auffassung, wonach die Voraussetzungen einer abstrakten Farbmarke als Benutzungsmarke im Falle des Goldhasen nicht vorliegen.
Dieser Argumentation ist das Oberlandesgericht gefolgt (OLG München, Urteil v. 30.07.2020, Az. 29 U 6389/19):
Zwar bestätigte auch das Oberlandesgericht hier zunächst einmal die grundsätzliche Erwägung, dass einer Farbe Markenschutz als Benutzungsmarke zukommen kann.
Jedoch liegen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Verkehrsgeltung nicht vor. Denn unter Bezugnahme der bisherigen Entscheidungen zu derartigen Farbbenutzungsmarken werde eine solche nur dann angenommen, wenn die in Rede stehende Farbe sozusagen als eine Art “Corporate Identity” oder “Hausfarbe” für eine Vielzahl von Produkten des betreffenden Unternehmens verwendet werde (wie das Magenta der Telekom oder das Gelb von Langenscheidt), nicht aber, wenn es lediglich um ein einziges Produkt (hier: der Lind-Hase) handele. Zumal biete die Klägerin auch andere Schokoladenosterhasen an – allerdings ohne die ikonische Goldfolie.
Verkehrsgeltung für einen Farbton für eine bestimmte Form einer Ware werde daher nicht begründet, wenn die Zuordnung der Farbe zu einem bestimmten Unternehmen ausschließlich auf der erheblichen Bekanntheit des konkreten Produkts beruhe.
Wie wird der BGH entscheiden?
Lindt & Sprüngli hat Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt, die das Oberlandesgericht in seinem Urteil ausdrücklich zugelassen hatte. Die mündliche Verhandlung fand bereits am 04.02.2021 statt.
Interessant wird das in Kürze zu erwartende Urteil vor allen Dingen deshalb sein, weil es die Frage klären dürfte, welche grundlegenden Anforderungen an eine abstrakte Farbmarke im Form einer Benutzungsmarke zu stellen sind. Kritisch erscheint in diesem Zusammenhang übrigens die Argumentation des Oberlandesgerichts München, wonach die besondere Bekanntheit des Gold-Hasen dafür spreche, dass der Verkehr andere goldene Schokohasen in anderer Form gerade nicht Lindt & Sprüngli zuordne. Hier wird dem Kennzeicheninhaber quasi die Bekanntheit des eigenen Produkts bei der Frage des Markenschutzes entgegengehalten. Ob diese Rechtsauffassung vorhält, kann man mit guten Gründen anzweifeln.
Auf die Lindt-Hase-Entscheidung darf man also gespannt sein.
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