Die Corona-Krise hat die Welt derzeit fest im Griff, Deutschland ist im Lockdown. Medizinprodukte wie Mundschutz-Masken, Desinfektionsmittel und Einweghandschuhe sind wegen der weltweit hohen Nachfrage derzeit akute Mangelware. Doch in der Not werden Menschen bekanntlich erfinderisch. So gibt es derzeit eine Vielzahl von Anbietern, die – teils aus Hilfsbereitschaft, teils aus Geschäftssinn – selbst hergestellte Mundschutzmasken vertreiben – oft in bunten Farben und mit modischen Elementen. Doch der Mundschutz „Marke Eigenbau“ kann schnell zur ärgerlichen und teuren Abmahnfalle werden. Lesen Sie hier, was Sie als Masken-Schneider unbedingt beachten sollten.
Mundschutz, Atemmaske, Stoffmaske & Co. – Zum Hintergrund
Die Angst vor dem Corona-Virus veranlasst derzeit viele Menschen dazu, beim Einkaufen, bei der Arbeit oder an sonstigen öffentlichen Orten eine Atemschutzmaske zu tragen und sich auf diese Weise besser vor einer Infektion mit dem Erreger, bzw. der dadurch ausgelösten Lungen-Krankheit Covid-19 zu schützen.
Da jedoch professionelle Schutzmasken – also der klassische sterile Mundschutz – derzeit aufgrund von Lieferengpässen faktisch nur noch medizinischem Fachpersonal zur Verfügung stehen und sich bei großen Bevölkerungsteilen die Auffassung durchgesetzt hat, dass auch eine „einfache“ Stoffmaske, die über Mund und Nase getragen wird, das Infektionsrisiko senken kann, sind viele Firmen und Solo-Selbstständige, aber auch ehrenamtliche Helfer dazu übergegangen, derartige Stoffmasken selbst zu schneidern und zu verkaufen, bzw. anzubieten.
Wer einen solchen selbstgefertigten Mundschutz allerdings lediglich für sich oder seine Familienangehörigen schneidert, braucht nichts weiter zu beachten. Denn vom Wettbewerbsrecht umfasst sind lediglich s.g. „geschäftliche Handlungen“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss nicht, dass etwa eine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich wäre. Auch das Spenden von Masken oder die Abgabe, bzw. der „Tausch“ gegen eine Geld- oder Sachspende sind in aller Regel als geschäftliche Handlungen zu qualifizieren, die dann den Regelungen des UWG unterfallen.
Mundschutz unterfällt Medizinrecht
Bei einem Mundschutz im hier interessierenden Sinne handelt es sich grundsätzlich um ein Produkt, das der Verhinderung der Ausbreitung pathogener Mikroorganismen im Wege der s.g. Tröpfcheninfektion dient. Als solches ist ein Mundschutz daher als Medizinprodukt im Sinne des Medizinproduktegesetzes zu qualifizieren.
Wer derartige Medizinprodukte am Markt anbieten will, muss bestimmte – persönliche wie sachliche – medizinrechtliche Voraussetzungen erfüllen:
- Das Produkt muss einer medizinischen Leistungsbewertung i.S.d. §§ 19 ff MPG unterzogen worden sein.
- Das Produkt muss eine CE-Kennzeichnung tragen, die nur dann vorgenommen werden darf, wenn ein Konformitätsbewertungsverfahren absolviert worden ist und die grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG erfüllt werden können.
- Das Produkt muss eine Gebrauchsanleitung enthalten.
- Das Produkt muss mit dem Namen und der Anschrift des Anbietersversehen sein.
- Der Anbieter muss seine Tätigkeit gegenüber der zuständigen Behörde anzeigen (§ 25 Abs. 1 MPG).
Es dürfte auf der Hand liegen, dass die derzeitigen und eingangs genannten Anbieter von selbstgeschneiderten Schutzmasken für die Corona-Krise die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllen.
Auf die Bezeichnung kommt es an – Irreführung vermeiden
Um die Anwendbarkeit der Vorschriften des Medizinproduktegesetzes auszuschließen und sich nicht der Gefahr von Abmahnungen auszusetzen, kommt es entscheidend auf die Produktbezeichnung des Mundschutzes an.
Denn zweifelsohne kommt den selbstgefertigten Schutzmasken nicht diejenige medizinische und infektionsverhindernde Wirkung einer professionellen Atemmaske zu.
Das wettbewerbsrechtliche Problem beim Mundschutz der „Marke Eigenbau“ liegt in der möglichen Irreführung, die dadurch zustande kommt, wenn der Anbieter durch die Bezeichnung der Maske suggeriert, es handele sich um ein Medizinprodukt. In einem solchen Fall sorgt der Anbieter durch Verwendung einer bestimmten Bezeichnung nämlich – unbewusst – selbst dafür, dass das Medizinproduktegesetz anwendbar wird (§ 3 Nr. 1 MPG). Ist dies aber der Fall, so müsste der Anbieter auch die o.g. Voraussetzungen erfüllen. Tut er dies nicht, handelt er wettbewerbswidrig und begeht ggf. sogar eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat.
Hinzu kommt, dass das Medizinproduktegesetz in § 4 Abs. 2 ein eigenes Irreführungsverbot enthält:
„Es ist […] verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind.
Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn
–Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben,
-fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
-zur Täuschung über die in den Grundlegenden Anforderungen nach § 7 festgelegten Produkteigenschaften geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Medizinproduktes mitbestimmend sind.„
Es kommt für Anbieter also entscheidend darauf an, ihre Masken nicht zu einem Medizinprodukt „umzuwidmen“ und durch die Bezeichnung nicht den unzutreffenden Eindruck zu suggerieren, dem Produkt kämen infektionsschützende oder antivirale, bzw. sonst medizinisch vorteilhafte Eigenschaften zu.
Es sind daher alle Bezeichnungen zu vermeiden, die den Begriff „Schutz“ beinhalten (Mundschutz, Mund- und Nasenschutz, Mundschutzmaske, Atemschutz, Atemschutzmaske, Ansteckungsschutzmaske usw.) oder sonst in irgendeiner Art und Weise auf eine medizinische Funktionalität oder Wirkung hindeuten.
Auch sollte es unbedingt vermieden werden, einen direkten Bezug zur aktuellen Corona-Krise herzustellen. Denn damit kann ebenfalls fälschlicherweise suggeriert werden, der selbsthergestellten Maske komme eine medizinische Schutzwirkung in Bezug auf das Coronavirus zu.
Disclaimer und Produktbeschreibungen genügen nicht
Wichtig ist es, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Aufnahme eines s.g. „Disclaimers“ oder anderer relativierender Hinweise – etwa innerhalb der Produktbeschreibung oder „im Kleingedruckten“ – zu keiner anderen Bewertung führt. Denn die durch die Bezeichnung einmal getroffene objektive „Widmung“ des Produkts vermag aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise (hier: der durchschnittliche, situationsadäquat angemessen aufmerksame Endverbraucher) auch durch Relativierungen oder einschränkende Bemerkungen an anderer Stelle nicht rückgängig gemacht zu werden.
Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?
Bei den Marktzugangsregelungen und dem Irreführungsverbot des Medizinproduktegesetzes handelt es sich um Vorschriften, die dazu bestimmt sind, das Marktverhalten zu regeln. Verstöße gegen solche Vorschriften können nach § 3a UWG wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden.
Darüber hinaus können Verstöße gegen medizinrechtliche Produktregelungsvorschriften, bzw. -zulassungsvorschriften bußgeld- oder sogar strafbewehrt sein (§ 40 ff. MPG).
Bei Fragen zum Artikel können Sie mir gerne schreiben.